Vergessene Schicksale rücken ins Licht der Ausstellung „Spurlos verschwunden“
Ein unscheinbarer Brief, eine vergilbte Postkarte – oft sind es kleine Dinge, die ganze Lebensgeschichten tragen. Im Haus der Stadtgeschichte Bad Kreuznach wurde jetzt die Ausstellung „Spurlos Verschwunden“ eröffnet. Sie gibt Opfern des Zweiten Weltkriegs ihre Gesichter und ihre Stimmen zurück. Zwischen dem 24. September und dem 31. Oktober ist sie täglich von 10 bis 16 Uhr zu sehen.
Die Ausstellung erzählt von jenen, die verschleppt, entrechtet und zum Schweigen gezwungen wurden: Kriegsgefangene, KZ-Häftlinge, Ostarbeiter und Zwangsarbeiter. Auch Bad Kreuznach war ein Ort ihres Leids. Dokumente zeigen, dass sich hier die Zahl der Fremdarbeiter zwischen 1942 und 1944 mehr als verdoppelte. Viele wurden in Fabriken eingesetzt, ohne dass ihre Not je öffentlich wurde.
Der Krieg hinterließ Spuren in Bad Kreuznach
Die Ausstellung „Spurlos verschwunden“ erinnert auch an den 1. Januar 1945. An diesem Tag starben bei einem Fliegerangriff auf das Lager Heidenmauer viele Männer, Frauen und Kinder. Unter ihnen waren zahlreiche politische Zwangsarbeiter. Ihre Geschichten geraten leicht in Vergessenheit – hier werden sie neu erzählt.
Oberbürgermeister Emanuel Letz eröffnete die Ausstellung und betonte die besondere Verantwortung der Stadt, diesen Teil der Geschichte sichtbar zu machen.
Briefe aus der Dunkelheit
Besonders eindringlich sind die Briefe des polnischen Zwangsarbeiters Stanisław Jakóbczyk. Zwischen 1940 und 1945 schrieb er 141 Briefe und 25 Postkarten an seine Familie in Oberschlesien. Jahrzehnte später entdeckte Dorit Frick diese auf einem Dachboden in Duchroth. Sie übergab die Dokumente dem Haus der Stadtgeschichte. Heute sind sie Teil der Ausstellung – ein direkter Blick in das Leben eines jungen Mannes, der fern der Heimat unter Zwang lebte.
„Man liest diese Briefe mit Unverständnis, wie Menschen einfach getrennt wurden“, sagte Projektleiterin Julia Röttger bei der Eröffnung. Ihre Worte ließen viele Besucher innehalten.
Erinnerung, die Europa erklärt
Auch Prof. Dr. Loew machte in seiner Ansprache klar, wie wichtig diese Erinnerungsarbeit ist: „Es ist wichtig, sich daran zu erinnern, wo wir herkommen. Dazu gehören auch Geschichten, die nicht schön sind.“ Er verwies auf die vielen Spuren, die der Krieg in Polen hinterlassen hat – Spuren, die auch unser heutiges Europa prägen.
Vortrag und digitale Ergänzung
Die Ausstellung „Spurlos verschwunden“ ist nicht statisch, sondern wächst. Über einen QR-Code erhalten Besucher Zugang zu einem digitalen Raum mit weiteren Informationen. Zudem lädt das Haus der Stadtgeschichte zu einem Vortrag von Projektleiterin Julia Röttjer ein:
Ausstellung bis zum 31.Oktober 2025 / 10-16 Uhr📍 Haus der Stadtgeschichte, Bad Kreuznach
