
Antenne Bad Kreuznach
Der Stadtrat Bad Kreuznach steht mit dem Rücken zur Wand. Die Finanzen sind aus dem Gleichgewicht, der Haushalt für 2025 noch nicht genehmigt. Ohne neue Maßnahmen droht der Stadt ein gefährliches Vakuum – ein Zustand, der nicht nur Verwaltungsstillstand bedeutet, sondern langfristig auch Zukunftsperspektiven kostet. In der bevorstehenden Sitzung sollen deshalb Entscheidungen fallen, die tief ins Leben der Bürgerinnen und Bürger eingreifen.
Statt Einsparungen liegt der Fokus auf zusätzlichen Einnahmen. Hintergrund ist die Erwartung der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD), dass die Stadt ihre Haushaltslage kurzfristig verbessert.
Ein erster Vorschlag betrifft die Hebesätze bei der Grundsteuer. Wohngebäude sollen künftig mit 650 Prozent berechnet werden – das ist ein erheblicher Sprung. Noch drastischer trifft es Geschäftsleute und Grundstücksbesitzer von Gewerbeflächen: Ihre Steuer soll sich auf satte 1.300 Prozent erhöhen. Die Stadt rechnet mit rund zwei Millionen Euro zusätzlicher Einnahmen. Immobilienbesitzer werden die Last wohl weitergeben – über höhere Nebenkosten oder Mietanpassungen.
Änderung bei Parkgebühren – Pfingstwiese und Salinental im Fokus
Auch die Parkgebühren sollen angepasst werden. Es liegen mehrere Modelle vor, bei denen unter anderem die Tarife für das Parken in der Innenstadt steigen würden. Im Gespräch ist auch, künftig auf der bislang kostenfreien Pfingstwiese und das Salinental mit Gebühren zu erheben. Die Flächen werden derzeit von Pendlern, Auszubildenden, Sportvereinen und Besuchern der Sportstätten genutzt.
Ein wichtiger Hintergrund: Die geplanten Mehreinnahmen aus den Parkgebühren sollen helfen, das Defizit der Bäderlandschaft abzufedern – insbesondere beim Betrieb des Bäderhauses. Die Gesellschaft für Beteiligungen und Parken in Bad Kreuznach mbH (BGK), die sowohl Parkflächen als auch die Bäder betreibt, verzeichnet einen jährlichen Fehlbetrag von rund 2,8 Millionen Euro.
Um den Weiterbetrieb langfristig zu sichern, setzt die Stadt auf ein Finanzierungskonzept mit drei Säulen:
Trotz der Gebührenanpassungen muss die Stadt also weiter eigenes Geld investieren, um das Bäderhaus zu sichern. Eine vollständige Refinanzierung über Parkentgelte ist somit nicht gegeben. Reicht all das aus, um das Bäderhaus zu erhalten – oder werden auch diese Mittel bald nicht mehr genügen?
Zusätzliche Mittel sollen auch durch eine sogenannte Beherbergungssteuer erzielt werden. Gäste würden dann pro Übernachtung einen festgelegten Betrag entrichten. Die Einnahmen sollen zur Stabilisierung des Haushalts beitragen. Die Maßnahme wird derzeit unter verschiedenen Gesichtspunkten geprüft, auch mit Blick auf die Tourismusentwicklung der Stadt.
Zwischen Pflichtgefühl und öffentlicher Zumutbarkeit
Der Erhalt des Bäderhauses steht sinnbildlich für die Herausforderungen, vor denen Bad Kreuznach aktuell steht. Es ist ein Teil des touristischen Gesamtprofils der Stadt – ein Angebot, das Gäste anzieht, Hotels auf ihren Webseiten präsentieren und das zur Gesundheitsstadt Bad Kreuznach gehört. Doch zugleich ist es ein kostenintensiver Betrieb, der ohne öffentliche Mittel nicht mehr aufrechtzuerhalten ist.
Genau hier zeigt sich der Zwiespalt: Während das Bäderhaus zur Attraktivität der Stadt beiträgt, formiert sich Widerstand gegen die dafür nötige Finanzierung – sei es durch die geplante Beherbergungssteuer, die von der Hotellerie abgelehnt wird, oder durch höhere Parkgebühren, die auch Einheimische treffen. Ein touristisches Angebot, das geschätzt wird, aber kaum jemand aktiv mitfinanzieren möchte.
Die Verantwortung, diesen Widerspruch aufzulösen, liegt beim Stadtrat. Es geht darum, ein Gleichgewicht zu finden zwischen dem, was für die Zukunft der Stadt notwendig ist, und dem, was Bürgerinnen, Bürger und Betriebe leisten können. Zwischen Pflicht und Verantwortung – genau in diesem Spannungsfeld sollen am 27. Mai die Entscheidungen gefällt werden.
Was viele Bürgerinnen und Bürger bei all dem vermissen: der Blick nach innen. Wo bleiben Kürzungen auf der Ausgabenseite? Wie viel leistet sich die Stadt selbst – etwa bei Verwaltung, Beteiligungen oder freiwilligen Leistungen? Ein Sparkonzept wurde nicht vorgelegt. Das erzeugt Frust. Nicht nur bei Betroffenen, sondern auch bei jenen, die sich seit Jahren für eine ehrliche Haushaltsführung aussprechen.
Doch der Unmut richtet sich nicht nur nach innen – sondern längst auch nach oben. Viele Kommunen ächzen unter Aufgaben, die ihnen von Bund und Land übertragen wurden – ohne ausreichende Gegenfinanzierung. Ob Kitas, Schulen, Sozialhilfe oder Geflüchtetenunterbringung: Städte wie Bad Kreuznach übernehmen staatliche Pflichtaufgaben, für die sie nicht genügend Mittel bekommen. Der finanzielle Spielraum schrumpft – während die Verantwortung wächst.
„So geht es nicht weiter“, hört man mittlerweile auch aus den Reihen der Stadträte. Es brauche eine strukturelle Lösung, keine Flickschusterei. Eine nachhaltige Neuordnung der Kommunalfinanzen – mit fairen Ausgleichszahlungen und einer klaren Aufgabenverteilung zwischen Bund, Ländern und Städten.
Die politische Debatte bleibt komplex: Zwischen dem Ziel eines genehmigungsfähigen Haushalts und dem Wunsch nach fairer Lastenverteilung ist ein Ausgleich zu finden, der sowohl kurzfristige Stabilität als auch langfristige Perspektiven ermöglicht.
Geschrieben von: Leona Winterfeld
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