Antenne Bad Kreuznach
today8. Oktober 2025
Foto: Antenne
Bad Kreuznach. – Die wiederkehrenden Straßenausbaubeiträge sind in Bad Kreuznach längst beschlossen – doch ihre Umsetzung stockt. Der Ausschuss für Stadtplanung, Bauwesen, Umwelt und Verkehr hat am gestrigen Abend die Beschlussvorlage abgelehnt, mit der die Stadt die notwendige Datengrundlage für die Erhebung schaffen wollte.
Damit fehlt vorerst die Basis, auf der künftig die Beiträge berechnet werden sollen – und die Stadt steht bei einer gesetzlichen Pflichtaufgabe erneut auf der Bremse.
Konkret geht es um die Erfassung und Bewertung von mehr als 20.000 Grundstücken im Stadtgebiet, die für die Berechnung der wiederkehrenden Beiträge erforderlich sind. Diese Aufgabe ist komplex, erfordert baufachliches und teilweise rechtliches Fachwissen – etwa zur Abgrenzung von Abrechnungsgebieten, der Beurteilung von Nutzungsarten und der Gewichtung von Vorteilen für Anlieger.
In der Verwaltung ist derzeit jedoch nur eine einzige Person mit dieser Aufgabe betraut. Der Aufbau einer vollständigen, rechtssicheren Datengrundlage wäre damit auf Jahre hinaus unrealistisch.
Seit dem 1. Januar 2024 ist Bad Kreuznach nach dem rheinland-pfälzischen Kommunalabgabengesetz verpflichtet, sogenannte wiederkehrende Straßenausbaubeiträge zu erheben. Diese Beiträge fallen an, wenn innerhalb bebauter Gebiete Straßen grundhaft erneuert oder saniert werden. Die Idee: Statt einzelne Anlieger mit hohen Einmalbeträgen zu belasten, werden die Kosten auf viele Grundstückseigentümer im Stadtteil verteilt. Die Beitragshöhe richtet sich nach der Größe und Lage des Grundstücks sowie nach dem Vorteil, den die jeweilige Maßnahme bringt.
Damit die Stadt die Beiträge überhaupt berechnen kann, muss sie allerdings zunächst alle beitragspflichtigen Grundstücke erfassen und bewerten – eine gewaltige Aufgabe.
Genau darüber entbrannte im Ausschuss die Diskussion. Die Verwaltung wollte das Koblenzer Fachbüro Dr. Caspers, Mock & Partner mbB beauftragen, das rund 697.000 Euro brutto für die komplette Datenerfassung veranschlagt hatte. Mehrere Ausschussmitglieder schlugen dagegen vor, die Aufgabe lieber in die Verwaltung zu verlagern und dafür zwei neue Stellen im städtischen Haushalt zu schaffen. Das würde langfristig Geld sparen und Kompetenz im eigenen Haus aufbauen.
Doch das Problem: Neue Stellen müssen erst von der Dienstaufsichtsbehörde genehmigt werden – ein Verfahren, das sich bis weit ins kommende Jahr ziehen könnte. Anschließend müssten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eingearbeitet werden.
Oberbürgermeister Emanuel Letz machte in der Sitzung deutlich, dass die Zeit dafür fehlt:
„Wir müssen endlich vorankommen. Wir brauchen die Grundlage, um die Straßenausbaubeiträge überhaupt berechnen zu können – und die ist enorm komplex mit all den Datensätzen. Neue Stellen müssen zunächst in den Stellenplan aufgenommen werden, und das dauert einfach zu lange.“
Er erinnerte daran, dass entsprechende Personalstellen bereits im vergangenen Jahr beantragt, aber abgelehnt worden seien.
Nach der Abstimmung, die gegen die Vergabe an das externe Büro ausfiel, kommentierte Letz sichtlich enttäuscht:
„Das wird wehtun“
Die Ablehnung bedeutet: Die Stadt kann die vorgeschriebene Datenerfassung nicht beginnen – und damit keine rechtssicheren Beiträge erheben.
Das wiederum hat gleich mehrere Konsequenzen:
Damit droht Bad Kreuznach ein Dominoeffekt: fehlende Einnahmen, verschobene Bauvorhaben, wachsender Haushaltsdruck – und eine gesetzliche Aufgabe, die nicht erfüllt werden kann. „Wie diese gesetzliche Vorgabe jetzt umgesetzt werden kann, muss geprüft werden,“ sagte Letz. „Es besteht ein großes Risiko, dass wir Straßen vorerst nicht ausbauen können.“
Mit dem Nein zur Beauftragung sendet der Ausschuss ein deutliches politisches Signal – allerdings eines, das der Stadtverwaltung wenig Spielraum lässt. Während viele rheinland-pfälzische Städte längst auf wiederkehrende Beiträge umgestellt haben, bleibt Bad Kreuznach in der Warteschleife.
Was als Einsparung gedacht war, könnte sich langfristig als teurer Stillstand erweisen.
Denn solange keine Datengrundlage geschaffen wird, kann die Stadt keine Beiträge berechnen – und jeder neu asphaltierte Meter Straße wird so zum Haushaltsrisiko.
Geschrieben von: Leona Winterfeld
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