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Bad Kreuznach

Stadtrat Bad Kreuznach beschließt: Teures Parken statt Bettensteuer

today29. Mai 2025

Hintergrund
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Parkgebühren in Bad Kreuznach steigen deutlich – Bettensteuer vom Tisch

Bad Kreuznach. Die Stadt Bad Kreuznach hebt die Parkgebühren kräftig an. Rund 2,7 Millionen Euro sollen die Änderungen jährlich einbringen – beschlossen am Dienstagabend (27. Mai 2025) mit breiter Mehrheit im Stadtrat. Der Hintergrund: Die städtischen Bäder schreiben tiefrote Zahlen. Doch statt die ursprünglich geplante Bettensteuer einzuführen, entschied sich die Stadt nach massiver Lobbyarbeit des Hotel- und Gaststättenverbands DEHOGA für einen anderen Weg: Die Kosten tragen nun vor allem Autofahrer – Gäste wie Einheimische.

Mehr bezahlen auf mehr Flächen

Die geplanten Mehreinnahmen setzen sich aus zwei Komponenten zusammen:

Neue Bewirtschaftung bisher kostenloser Flächen: Künftig fallen unter anderem auf der Pfingstwiese, in der Heinrichstraße, an der Ringstraße (Berufsschule), am Parkplatz Franziska-Puricelli-Straße, am Salinental-Parkplatz P2, am Bahnhof Bad Münster sowie in der Berliner Straße Parkgebühren an.

Deutliche Erhöhung bestehender Tarife: So wird das Straßen-Parken künftig 4,10 Euro für zwei Stunden kosten – bislang waren es 3 Euro.

Die operative Umsetzung liegt bei der BGK – Gesellschaft für Beteiligungen und Parken, einer städtischen Tochter. Sie wird auch die erwarteten zusätzlichen Einnahmen verwalten.

Die Bettensteuer – geplant, dann gekippt

Ursprünglich hatte die Stadt eine Bettensteuer vorgesehen. Etwa eine Million Euro netto jährlich wären dadurch in die Stadtkasse geflossen. Eine Maßnahme durch die Geld von außen in die Stadt geflossen wäre. Die Mehrbelastung der Parkenden hätte geringer ausfallen können.

Doch gegen das Vorhaben regte sich erheblicher Widerstand seitens des DEHOGA. Der Verband – prominent vertreten durch Landeschef Gereon Haumann – intervenierte frühzeitig. In Gesprächen mit Stadtspitze und Verwaltung wurde für Alternativen geworben.

Am 20. Mai 2025 kam es zu einem Treffen zwischen Stadt, DEHOGA und Verwaltungsvertretern. Die BGK besserte daraufhin nach und legte eine neue Variante der Parkraumbewirtschaftung mit noch höheren Gebühren vor. Nur eine Woche später stimmte der Stadtrat über die neue Gebührenstruktur ab. Der Verdacht liegt nahe: Die Lobby hatte maßgeblichen Einfluss auf den Kurswechsel.

Kritik an Einfluss und Prioritäten

Viele Ratsmitglieder äußerten sich kritisch über diese Vorgehensweise.

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Hans Gerhard Merkelbach (Liste Faires Bad Kreuznach) sprach von „Doppelmoral“: Hotels müssten die moderate Steuererhöhung nun nicht tragen, dafür zahlten nun die Bürger über Parkgebühren mehr. Jürgen Eitel (Freie Wähler) nannte die Absage an die Bettensteuer eine verpasste Chance, die gezielt auswärtige Gäste betroffen hätte – ohne Belastung für Einheimische.

Besonders scharf formulierte es Jürgen Locher (Die Linke): „Es ist ein Skandal, dass der Chef des DEHOGA zu einer Verhandlung der ADD mitfährt und über den Haushalt der Stadt mitverhandelt.“ Gemeint war eine Delegationsreise am Freitag vor der Entscheidung – mit dabei: Bürgermeister Thomas Blechschmidt, Stadtwerke-Geschäftsführer Christoph Nath und DEHOGA-Vertreter Haumann. Ziel war die Vorstellung neuer Haushaltsvarianten bei der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) in Trier.

Gründe gegen die Bettensteuer: Verwaltungskosten statt Mehrwert

Neben der politischen und wirtschaftlichen Debatte um Gerechtigkeit und Belastung stellt sich auch die Frage nach der praktischen Umsetzbarkeit einer neuen Steuer. Die Einführung einer Bettensteuer hätte für Verwaltung und Beherbergungsbetriebe einen erheblichen Mehraufwand bedeutet. Neue Abrechnungssysteme müssten eingerichtet, zusätzliches Personal für die Kontrolle und Bearbeitung eingestellt und neue Strukturen zur Überprüfung geschaffen werden. All das verursacht Kosten – auf beiden Seiten.

Stattdessen existiert bereits ein funktionierendes System: die Tourismusabgabe (Gästebeitrag). Diese wurde zum 1. April 2025 auf 3,50 Euro erhöht und ist rechtlich sowie technisch etabliert. Zudem bringt sie einen echten Mehrwert für Gäste: Freie Fahrt mit Bus und Bahn in Bad Kreuznach, sowie Ermäßigungen für Thermen, Museen, Minigolf und viele weitere Angebote. Ein großer Teil der Kur- und Freizeitangebote der Stadt wird über diese Abgabe mitfinanziert – transparent und zweckgebunden.

Statt ein neues bürokratisches Instrument zu schaffen, ließe sich der Gästebeitrag bei Bedarf anpassen. Das spart Ressourcen, ist verständlich für Gäste und bewahrt die Balance zwischen fairer Beteiligung und touristischer Attraktivität

Entlastung für Hotellerie, Belastung für die Öffentlichkeit

Der DEHOGA zeigte sich nach der Entscheidung zufrieden: Keine Steuer auf Übernachtungen, kein Eingriff in das Geschäftsmodell der Hotellerie.

Die Entlastung der Hotel-Branche geht aber einher mit höheren Belastungen für andere: steigende Thermenpreise, weniger Geld für touristische Infrastruktur, teureres Parken im gesamten Stadtgebiet. Die Entlastung einer Branche wird damit durch Einschnitte für viele finanziert.

Was bringt die Zukunft?

Die Stadt verfolgt mit der Neuregelung ein ehrgeiziges Ziel: Beide betroffenen städtischen Gesellschaften – BGK und BAD GmbH – sollen mittelfristig ohne städtischen Zuschuss wirtschaften. Das war Teil des Verhandlungspakets mit der ADD.

Doch es bleiben Zweifel: In der Ratsvorlage selbst ist zu lesen, dass die neuen Pläne nicht extern geprüft wurden. Risiken seien daher nicht ausgeschlossen – auch weil die Annahmen zum Parkverhalten nicht auf empirischen Studien basieren.

Kompromiss mit Nebenwirkungen

Die Verhinderung der Bettensteuer ist ein klares Ergebnis erfolgreicher Lobbyarbeit. Doch der Preis dafür ist hoch – finanziell wie gesellschaftlich. Die Stadt steht nun unter Zugzwang: Sie muss die Infrastruktur verbessern, Transparenz schaffen und Vertrauen zurückgewinnen. Denn wer politische Entscheidungen unter Ausschluss der Öffentlichkeit trifft, muss sich danach umso deutlicher erklären.

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Geschrieben von: Leona Winterfeld